Erbschaftssteuer bei Immobilien 2025: Freibeträge, Bewertung und Steueroptimierung
Jährlich erben mehr als 400.000 Deutsche eine Immobilie und stehen damit vor einer der komplexesten steuerlichen Herausforderungen ihres Lebens. Während die Immobilienpreise seit 2009 um durchschnittlich 90 Prozent gestiegen sind, sind die Freibeträge der Erbschaftsteuer unverändert geblieben. Diese Schere führt dazu, dass heute ein Drittel mehr Erben zur Kasse gebeten werden als noch vor zehn Jahren. Besonders betroffen sind Geschwister, unverheiratete Partner und entfernte Verwandte, deren Freigrenze bei nur 20.000 Euro liegt. Die Erbschaftssteuer auf Immobilien kann existenzbedrohend werden, wenn Erben nicht über ausreichende Liquidität verfügen. So kann ein geerbtes Familienhaus im Wert von 600.000 Euro für einen Bruder oder eine Schwester eine Steuerlast von über 170.000 Euro bedeuten – eine Summe, die oft nur durch den Zwangsverkauf der geerbten Immobilie aufgebracht werden kann. Doch es gibt legale Wege, die Steuerlast erheblich zu reduzieren oder sogar vollständig zu vermeiden. Von der strategischen Nutzung der Familienheim-Regelung bis hin zu professionellen Immobilienbewertungen. Wer die Mechanismen der Erbschaftssteuer versteht, kann erhebliche Beträge sparen.
Grundlagen der Erbschaftssteuer für Häuser und Wohnungen
Die Erbschaftssteuer bei Immobilien unterliegt dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) und wird auf den gesamten Vermögenswert fällig, der die gesetzlichen Freibeträge übersteigt. Entscheidend für die Höhe der Steuerbelastung sind drei Faktoren:
- Der Verkehrswert der geerbten Immobilie
- Der Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben
- Die daraus resultierende Steuerklasse mit entsprechendem Steuersatz
Steuerpflicht und Anwendungsbereich
Grundsätzlich sind alle Erbschaften und Schenkungen steuerpflichtig, wenn mindestens eine der beteiligten Personen ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland hat. Unabhängig vom Wohnsitz besteht jedoch immer eine Steuerpflicht für sogenanntes Inlandsvermögen. Dazu gehören insbesondere deutsche Immobilien und Unternehmensanteile von mehr als zehn Prozent an deutschen Unternehmen.
Immobilienbewertung für die Erbschaftssteuer: Die drei Bewertungsverfahren
Wie der Wert einer Immobilie im Erbfall ermittelt wird, entscheidet maßgeblich über die Höhe der Steuerbelastung. Das Bewertungsgesetz (BewG) sieht drei verschiedene Verfahren vor, die je nach Immobilientyp zur Anwendung kommen:
Vergleichswertverfahren für Wohnimmobilien
Das Finanzamt ermittelt den Wert von Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäusern über das Vergleichswertverfahren. Dabei werden die Kaufpreise von vergleichbaren Objekten in ähnlicher Lage, Größe und Ausstattung herangezogen. Die Gutachterausschüsse der Gemeinden stellen die entsprechenden Vergleichspreise zur Verfügung. Problematisch ist jedoch, dass das Finanzamt keine Vor-Ort-Besichtigung durchführt und daher wertmindernde Faktoren wie Renovierungsstau, Baumängel oder ungünstige Grundstückszuschnitte nicht berücksichtigen kann.
Ertragswertverfahren für Renditeobjekte
Mehrfamilienhäuser, Gewerbeobjekte und gemischt genutzte Objekte werden nach dem Ertragswertverfahren bewertet. Die Bewertung erfolgt zweistufig:
- Bodenwert: Bodenrichtwert multipliziert mit der Grundstücksfläche
- Gebäudeertragswert: Basiert auf der erzielbaren Jahresmiete abzüglich Bewirtschaftungskosten, bereinigt um Bodenwertverzinsung und weitere Faktoren
Sachwertverfahren mit verschärften Bedingungen ab 2023
Wenn sich der Verkehrswert mit den anderen Verfahren nicht verlässlich bestimmen lässt, kommt das Sachwertverfahren zur Anwendung. Die Gesetzesänderungen 2023 haben dieses Verfahren erheblich verschärft:
- Erhöhte Nutzungsdauer: Von 70 auf 80 Jahre für Wohngebäude
- Neue Sachwertfaktoren: Berücksichtigung aktueller Marktpreise
- Regionalfaktoren: Aufschläge in begehrten Lagen (bis zu 75% in Hamburg)
- Reduzierte Altersminderung: Geringere Abschläge für ältere Gebäude
Diese Änderungen führen teilweise zu Wertsteigerungen von 50 Prozent und mehr gegenüber der vorherigen Bewertung.
Freibeträge und Steuerklassen: Was Erben wissen müssen
Die Freibeträge der Erbschaftssteuer bei Immobilien orientieren sich am Verwandtschaftsgrad und bestimmen maßgeblich, ob und in welcher Höhe Steuern anfallen:
Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad
| Verwandtschaftsgrad | Freibetrag | Steuerklasse |
| Ehepartner/Lebenspartner | 500.000 € | I |
| Kinder/Stiefkinder | 400.000 € | I |
| Enkelkinder | 200.000 € | I |
| Eltern/Großeltern | 100.000 € | I |
| Geschwister/Nichten/Neffen | 20.000 € | II |
| Nichtverwandte Personen | 20.000 € | III |
Steuersätze nach Steuerklassen
Die Erbschaftssteuer bei Immobilien berechnen erfolgt nach gestaffelten Steuersätzen: Steuerklasse I (7-30%):
- Bis 75.000 €: 7%
- Bis 300.000 €: 11%
- Bis 600.000 €: 15%
- Bis 6 Mio. €: 19%
- Darüber: bis 30%
Steuerklasse II (15-43%):
- Bis 75.000 €: 15%
- Bis 300.000 €: 20%
- Bis 600.000 €: 25%
- Darüber: bis 43%
Steuerklasse III (30-50%):
- Durchgängig mindestens 30%
- Bei hohen Erbschaften bis 50%
Zusätzliche Freibeträge
Erben der Steuerklasse I können zusätzlich geltend machen:
- Hausrat: Bis 41.000 € steuerfrei
- Bewegliche Gegenstände: Bis 12.000 € steuerfrei
- Versorgungsfreibetrag: Für Ehepartner 256.000 €, für Kinder altersabhängig bis 52.000 €
Familienheim steuerfrei erben: Die Königsklasse der Steueroptimierung
Die Steuer beim Erben eines Hauses kann unter bestimmten Voraussetzungen vollständig entfallen. Diese Regelung gehört zu den wertvollsten Steuervorteilen des deutschen Erbschaftsrechts.
Voraussetzungen für Ehepartner und Lebenspartner
Überlebende Ehepartner können das gemeinsame Familienheim vollständig steuerfrei erben, wenn:
- Der Verstorbene die Immobilie bis zum Tod selbst bewohnt hat
- Das Haus den Mittelpunkt des familiären Lebens darstellte
- Der Erbe die Immobilie weitere 10 Jahre selbst bewohnt
- Die Immobilie im Inland, EU- oder EWR-Raum liegt
Wichtig: Weder Wert noch Wohnfläche sind begrenzt. Auch eine Villa im Wert von 10 Millionen Euro kann steuerfrei übertragen werden.
Erbschaftssteuer bei Immobilien für Kinder
Kinder können das Elternhaus ebenfalls steuerfrei erben, allerdings mit Einschränkungen:
- Flächenbegrenzung: Nur bis 200 m² Wohnfläche steuerfrei
- Unverzüglicher Einzug: Binnen 6 Monaten nach Erbfall
- Zehn-Jahres-Frist: Selbstnutzung als Hauptwohnsitz erforderlich
Überschreitet die Wohnfläche 200 m², wird der darüber hinausgehende Teil anteilig versteuert.
Risiken und Ausnahmen
Die Behaltenspflicht von 10 Jahren birgt erhebliche Risiken. Bei vorzeitigem Auszug, Verkauf oder Vermietung wird die komplette Erbschaftssteuer rückwirkend fällig. Ausnahmen gelten bei „zwingenden Gründen“:
- Pflegebedürftigkeit des Erben
- Behinderung, die Eigennutzung unmöglich macht
- Tod des Erben innerhalb der 10-Jahres-Frist
- Beruflich bedingte Auslandsentsendung
Steuervergünstigungen und Optimierungsstrategien
10%-Abschlag bei vermieteten Wohnimmobilien
Zu Wohnzwecken vermietete Immobilien werden nur mit 90 Prozent ihres Verkehrswertes für die Berechnung der Erbschaftssteuer bei Immobilien angesetzt. Diese Vergünstigung:
- Gilt für alle vermieteten Wohnimmobilien
- Erfordert keine Mindestmietdauer
- Bleibt auch bei vorübergehendem Leerstand erhalten
- Wurde 2024 auf weitere Drittstaaten ausgedehnt
Stundungsregelungen als Liquiditätshilfe
Wenn die Erbschaftssteuer nur durch Verkauf der geerbten Immobilie finanziert werden kann, gewährt das Finanzamt unter strengen Voraussetzungen eine zinsfreie Stundung bis zu zehn Jahren. Diese Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 2024 erheblich erweitert und gilt nun für alle zu Wohnzwecken genutzten Immobilien, sowohl bei Eigennutzung als auch bei Vermietung. Zu den Voraussetzungen für eine Stundung gehören der Nachweis der Unmöglichkeit anderweitiger Finanzierung, die Dokumentation erfolgloser Kreditbemühungen, die Antragstellung beim zuständigen Finanzamt sowie die regelmäßige Überprüfung der finanziellen Verhältnisse.
Betriebsvermögen: Verschonungsregeln nutzen
Gehört die geerbte Immobilie zu einem Betrieb, können erhebliche Steuervergünstigungen greifen. Das Gesetz unterscheidet zwischen Regel- und Optionsverschonung: Regelverschonung (85% Abschlag):
- Fortführung des Betriebs für 5 Jahre
- Einhaltung der 400%-Lohnsummenregel
- Verwaltungsvermögen maximal 50%
- Zusätzlicher Abzugsbetrag bis 150.000 Euro
Optionsverschonung (100% Abschlag):
- Fortführung des Betriebs für 7 Jahre
- Einhaltung der 700%-Lohnsummenregel
- Verwaltungsvermögen maximal 10%
- Vollständige Steuerbefreiung
Diese Regelungen sind besonders relevant bei gemischt genutzten Immobilien oder Objekten mit gewerblicher Nutzung.
Nachlassverbindlichkeiten strategisch nutzen
Verschiedene Kosten können die Steuerlast mindern: Automatisch anerkannt (ohne Nachweis):
- Erbfallkostenpauschale: 10.300 €
Mit Nachweis absetzbar:
- Bestattungskosten und Grabpflege
- Schulden des Erblassers zum Todeszeitpunkt
- Gerichts- und Notarkosten
- Gutachterkosten für Immobilienbewertung
- Steuerberatungskosten
Professionelle Verkehrswertgutachten
Das Finanzamt schätzt Immobilienwerte häufig zu hoch ein, da keine Vor-Ort-Besichtigung erfolgt. Ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten kann erhebliche Steuerersparnisse bewirken: Typische Wertminderungsfaktoren:
- Renovierungs- und Modernisierungsstau
- Baumängel und Schäden
- Ungünstige Grundstücksverhältnisse
- Lärmbelästigung oder andere Standortnachteile
- Atypische Grundrisse oder Ausstattung
Rechtliche Anforderungen:
- Gutachter muss öffentlich bestellt und vereidigt sein
- Bewertung nach §194 BauGB erforderlich
- Widerspruch binnen 30 Tagen nach Feststellungsbescheid
Internationale Aspekte der Erbschaftssteuer
Bei grenzüberschreitenden Erbfällen mit Immobilien entstehen besondere Herausforderungen, die sowohl rechtliche als auch steuerliche Komplexität mit sich bringen. Deutsche Staatsangehörige unterliegen grundsätzlich einer weltweiten Steuerpflicht, haben jedoch die Möglichkeit, bereits im Ausland entrichtete Erbschaftssteuer auf ihre deutsche Steuerschuld anrechnen zu lassen. Die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen verschiedenen Ländern wird durch entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen geregelt, die eine Doppelbelastung vermeiden sollen. Besonders kritische Konstellationen ergeben sich bei deutschen Erben, die Auslandsimmobilien erben, sowie bei ausländischen Erben, die deutsche Immobilien erwerben. Zusätzliche Schwierigkeiten entstehen, wenn sich Immobilien in Ländern befinden, mit denen kein entsprechendes Abkommen besteht. Darüber hinaus können Währungsrisiken bei Steuerschulden zu unkalkulierbaren finanziellen Belastungen führen. Aufgrund der erheblichen Komplexität internationaler Erbfälle ist häufig eine spezialisierte Beratung durch Experten des internationalen Steuerrechts erforderlich, um rechtssichere Lösungen zu entwickeln und steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Schenkungen zu Lebzeiten: Freibeträge alle 10 Jahre nutzen
Die vorweggenommene Erbfolge durch Schenkungen bietet erhebliche Steuervorteile, da die Freibeträge alle 10 Jahre erneut genutzt werden können.
Strategische Vorteile von Schenkungen
Freibeträge optimieren:
- Alle 10 Jahre vollständige Freibeträge verfügbar
- Ehepaare können Freibeträge „stapeln“ (z.B. 2 x 400.000 € an Kinder)
- Teilschenkungen ermöglichen schrittweise Übertragung
Familienheim-Vorteile:
- Keine 10-Jahres-Wohnpflicht bei Schenkung
- Keine Flächenbegrenzung für Kinder
- Wertsteigerungen nach Schenkung steuerfrei
Schenkung mit Nießbrauch
Besonders effektiv ist die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt: Vorteile für Schenker:
- Weiterhin Nutzung oder Mieteinnahmen
- Reduzierter Schenkungswert durch Nießbrauchsabzug
- Schutz vor Pflichtteilsergänzungsansprüchen
Steuerliche Wirkung:
- Schenkungswert reduziert sich um kapitalisierte Nutzungsrechte
- Höheres Lebensalter = höherer Nießbrauchsabzug
- Oft komplette Steuerfreiheit durch reduzierten Wert
Verfahrensablauf: Von der Erbschaft bis zur Steuerzahlung
Schritt 1: Erbschaft annehmen oder ausschlagen (6 Wochen)
Nach Kenntniserlangung haben Erben sechs Wochen Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Bei Auslandsaufenthalten verlängert sich diese Frist auf sechs Monate. Die Ausschlagung muss durch eine notarielle Erklärung beim Nachlassgericht erfolgen.
Schritt 2: Anzeigepflicht beim Finanzamt (3 Monate)
Jede Erbschaft muss dem zuständigen Finanzamt gemeldet werden – dem Finanzamt des letzten Wohnsitzes des Erblassers. Die Anzeige sollte enthalten:
- Personalien aller Beteiligten
- Todeszeitpunkt und -ort
- Verwandtschaftsgrad zum Erblasser
- Geschätzter Wert des Nachlasses
- Frühere Zuwendungen des Erblassers
Schritt 3: Erbschaftssteuererklärung bei Aufforderung
Das Finanzamt entscheidet basierend auf der Anzeige, ob eine Erbschaftssteuererklärung erforderlich ist. Bei Aufforderung sind einzureichen:
- Mantelbogen mit Grunddaten
- Anlage Erwerber pro Erbe
- Gegebenenfalls Anlage Familienheim
- Vollständiges Nachlassverzeichnis
Schritt 4: Prüfung und Festsetzung
Die Bearbeitungszeit beträgt 12 bis 24 Monate. In diesem Zeitraum prüft das Finanzamt alle Angaben und setzt gegebenenfalls den Immobilienwert fest. Gegen die Bewertung kann innerhalb von 30 Tagen Widerspruch eingelegt werden.
Schritt 5: Zahlung und Vollstreckung
Nach Erhalt des Steuerbescheids ist die Zahlung binnen eines Monats fällig. Bei Zahlungsschwierigkeiten können Ratenzahlungen oder Stundungen beantragt werden. Fazit: Die Erbschaftssteuer bei Immobilien erfordert eine frühzeitige Planung und fundiertes Fachwissen. Von der optimalen Nutzung der Freibeträge über strategische Schenkungen bis hin zur professionellen Immobilienbewertung: Die richtige Beratung kann erhebliche Steuerersparnisse bewirken und Zwangsverkäufe verhindern.
Häufig gestellte Fragen zur Erbschaftssteuer bei Immobilien
Wie hoch ist die Erbschaftssteuer bei einem Haus im Wert von 500.000 Euro?
Die Höhe der Erbschaftssteuer hängt entscheidend vom Verwandtschaftsgrad ab. Ehepartner zahlen dank ihres Freibetrags von 500.000 Euro keine Steuer. Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro und zahlen 11 Prozent auf die verbleibenden 100.000 Euro, also 11.000 Euro. Geschwister hingegen haben nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und müssen 30 Prozent auf 480.000 Euro zahlen, was 144.000 Euro Erbschaftssteuer entspricht. Diese enormen Unterschiede verdeutlichen, wie wichtig eine frühzeitige Nachlassplanung ist.
Muss ich das geerbte Elternhaus verkaufen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen?
Das ist nicht zwangsläufig der Fall. Bei Selbstnutzung des Familienheims für mindestens zehn Jahre entfällt die Erbschaftssteuer komplett für Ehepartner und teilweise für Kinder (bis 200 m² Wohnfläche). Ist dies nicht möglich, bietet das Finanzamt Stundungsregelungen an. Die Erbschaftssteuer kann dann bis zu zehn Jahre zinslos gestundet werden, wenn sie nur durch den Verkauf der Immobilie finanziert werden könnte. Voraussetzung ist, dass alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten, einschließlich erfolgloser Kreditversuche, ausgeschöpft wurden. Diese Regelung verhindert Zwangsverkäufe.
Kann ich gegen die Immobilienbewertung des Finanzamts Widerspruch einlegen?
Ja, Sie können innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Feststellungsbescheids Widerspruch einlegen. Da das Finanzamt in der Regel keine Vor-Ort-Besichtigung durchführt, werden wertmindernde Faktoren häufig übersehen. Ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen kann in solchen Fällen deutlich niedrigere Werte nachweisen. Typische Wertminderungen ergeben sich durch Renovierungsstau, Baumängel, ungünstige Lage oder atypische Grundrisse. Die Gutachterkosten können als Nachlassverbindlichkeiten abgesetzt werden und amortisieren sich oft bereits bei geringen Wertreduzierungen.
Was passiert, wenn mehrere Geschwister eine Immobilie erben?
Jeder Miterbe einer Erbengemeinschaft ist für seinen Anteil steuerpflichtig. Es ist möglich, eine gemeinsame Erbschaftssteuererklärung abzugeben, was das Verfahren vereinfacht. Die Erbschaftssteuer kann aus dem Nachlass beglichen werden, bevor dieser aufgeteilt wird. Problematisch wird es jedoch, wenn die Immobilie den Hauptwert des Nachlasses darstellt und verkauft werden muss. Geschwister haben nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und unterliegen hohen Steuersätzen von 15 bis 43 Prozent. Bei einem Haus im Wert von 600.000 Euro und drei erbberechtigten Geschwistern muss somit jeder etwa 46.000 Euro Erbschaftssteuer zahlen.
Sind vermietete Immobilien bei der Erbschaftssteuer begünstigt?
Ja, Immobilien, die zu Wohnzwecken vermietet werden, genießen einen Bewertungsabschlag von 10 Prozent. Anstelle des vollen Verkehrswerts werden für die Erbschaftssteuer nur 90 Prozent angesetzt. Diese Vergünstigung soll die Vermietung fördern und gilt für alle Wohnimmobilien in der EU, dem EWR sowie in Drittstaaten mit Amtshilfeabkommen. Ein vorübergehender Leerstand schadet nicht, solange die Vermietungsabsicht erkennbar bleibt. Bei einer Immobilie im Wert von 500.000 Euro werden somit 10 Prozent der Steuerbemessungsgrundlage gespart. Je nach Steuersatz können das mehrere tausend Euro sein.
Wie wirken sich die Gesetzesänderungen 2023 auf die Erbschaftssteuer aus?
Die Bewertungsreform 2023 führt zu teilweise drastisch höheren Immobilienwerten. Besonders betroffen ist das Sachwertverfahren von drei Änderungen: Die Nutzungsdauer wurde von 70 auf 80 Jahre erhöht, wodurch die Alterswertminderung sinkt. Zweitens passen neue Sachwertfaktoren die Bewertung an aktuelle Marktpreise an. Regionalfaktoren berücksichtigen begehrte Lagen – in Hamburg beispielsweise mit dem Faktor 1,75, was einem Aufschlag von 75 Prozent entspricht. Diese Faktoren können Immobilienwerte um 50 bis 100 Prozent erhöhen. Wer 2022 noch schnell übertragen wollte, hatte gute Gründe. Heute ist eine professionelle Immobilienbewertung noch wichtiger geworden.
Was ist der Unterschied zwischen Erbschaft und Schenkung bei Immobilien?
Die Freibeträge und Steuersätze bei Erbschaft und Schenkung sind nahezu identisch. Der entscheidende Vorteil von Schenkungen liegt jedoch in der Wiederholbarkeit: Alle zehn Jahre können die Freibeträge erneut genutzt werden. So ist eine schrittweise Übertragung großer Vermögen möglich. Beim Familienheim entfällt bei einer Schenkung die 10-jährige Wohnpflicht und für Kinder gibt es keine Flächenbegrenzung. Schenkungen mit Nießbrauch reduzieren den steuerpflichtigen Wert zusätzlich. Allerdings bestehen zehn Jahre lang Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Entscheidung zwischen Erbschaft und Schenkung erfordert eine individuelle Abwägung aller familiären und steuerlichen Aspekte.
Wann verjährt die Erbschaftssteuer?
Das Finanzamt hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, um die Erbschaftssteuer festzusetzen. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erbschaftsteuererklärung abgegeben wurde. Bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung verlängert sich die Frist auf zehn Jahre und bei leichtfertiger Steuerverkürzung auf fünf Jahre. Wichtig: Die Verjährung bezieht sich auf die Festsetzung, nicht auf bereits festgesetzte Steuern. Nach Erhalt des rechtskräftigen Bescheids hat das Finanzamt weitere fünf Jahre Zeit zur Vollstreckung. Eine hoch gewordene Steuerschuld bleibt also lange bestehen.
Müssen Ausländer in Deutschland Erbschaftssteuer auf Immobilien zahlen?
Ja, bei deutschem Immobilienbesitz (Inlandsvermögen) besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland, unabhängig vom Wohnsitz. Dies gilt auch, wenn weder der Erblasser noch der Erbe deutsche Staatsangehörige oder Einwohner sind. Umgekehrt sind deutsche Erben bei Auslandsimmobilien steuerpflichtig, können aber ausländische Steuern anrechnen lassen. Die Details werden in Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Ländern geregelt. Besondere Vorsicht ist bei Immobilien in Ländern ohne solch ein Abkommen geboten. Hier kann es zu einer echten Doppelbesteuerung kommen. Die internationale Erbschaftssteuer erfordert oft eine spezialisierte Beratung durch Experten aus beiden Ländern.
Welche Kosten kann ich von der Erbschaftssteuer absetzen?
Verschiedene Nachlassverbindlichkeiten mindern die Steuerbemessungsgrundlage. Ohne Nachweis erkennt das Finanzamt pauschal Erbfallkosten in Höhe von 10.300 Euro an. Mit entsprechenden Belegen sind zusätzlich absetzbar: Bestattungskosten inklusive Grabstein und Trauerfeier, noch bestehende Schulden des Erblassers, Vermächtnisse an Dritte, Gerichtskosten für die Erteilung eines Erbscheins oder die Eröffnung eines Testaments, Notarkosten, Gutachterkosten für die Bewertung von Immobilien, Kosten für eine Steuerberatung und Anwaltskosten im Zusammenhang mit dem Erbfall. Nicht absetzbar sind hingegen persönliche Aufwendungen der Erben oder Renovierungskosten nach dem Erbfall. Durch die strategische Nutzung absetzbarer Kosten kann die Steuerlast erheblich reduziert werden.
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